Die Abhängigkeit vom Flughafen wird immer bleiben

von Mark Wisskirchen

Kloten fehlen Dutzende Millionen an Steuereinnahmen wegen der pandemiebedingt darbenden Flugbranche. Der Finanzvorsteher der Flughafenstadt erklärt die Lage.

Kloten wurde von der Pandemie so hart getroffen wie kaum eine andere Stadt oder Gemeinde in der Schweiz. Mal war die Rede von 60 Millionen weniger Steuereinnahmen: Wie viel sind es denn nun wirklich?
Mark Wisskirchen: Der Einbruch war tatsächlich in dieser Höhe. Wir haben rasch alle Möglichkeiten ausgelotet, wie wir die Bevölkerung und Firmen möglichst wenig zusätzlich belasten, gleichzeitig den Staatshaushalt im Gleichgewicht halten und dennoch für diese aussergewöhnliche Zeit, quasi antizyklisch, weiter an den notwendigen Investitionen festhalten können.


Nach dem «Schocker» im Vorjahr mit einem Defizit von 20 Millionen konnte man jetzt im neuen Budget den Schaden auf 2,77 Millionen begrenzen: Das kann aber nicht nur am Sparprogramm liegen, oder?
Ohne die frühzeitig ergriffenen Massnahme des Sparprogramms würden wir über die nächsten Jahre ein strukturelles Problem vor uns herschieben, dass auch mit Einsetzen des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht besser würde. Immerhin werden wir unsere laufende Rechnung, bei einer möglichst konsequenten und vernünftigen Umsetzung der ergriffenen Massnahmen, über die nächsten vier Jahre durchschnittlich um 4 Millionen entlasten. Das ist ein wesentlicher Beitrag, damit wir möglichst keine Fremdmittel aufnehmen müssen und unsere Verschuldung reduzieren können.

Kloten will aber gleichzeitig für Millionen den Stadtplatz vergrössern, lässt im Gegenzug Brunnen früher abstellen und streicht 35’000 Franken für Integrationskurse in Deutsch. Wie geht das zusammen?
Die Langzeitwirkung der Pandemie war nicht absehbar, so hat der Stadtrat sich frühzeitig für ein Leistungsüberprüfungs-Programm in allen Bereichen entschieden, um den Haushalt der Stadt Kloten über die nächsten vier Jahre hinweg weiterhin ausgeglichen zu halten. Es sind gewichtige Investitionen vorzunehmen, gerade auch im Bildungsbereich. Die Bevölkerung wächst, die gesellschaftlichen Anforderungen sind zu berücksichtigen, und damit muss auch die Entwicklung der Infrastruktur weiter angepasst werden.

Im Parlament gabs warnende Stimmen, aber letztlich wird der Sparkurs des Stadtrats gestützt. Überrascht, wie glatt die Budgetdebatte ablief?
Nein. Ich hatte mich ja schon im Vorfeld so geäussert und vielleicht etwas leichtfertig ausgedrückt, als ich sagte, dass ich sehr entspannt auf die Budgetdebatte blicke. Das hatte seine Gründe. Erstens haben der Stadtrat und die Verwaltung alles unternommen, die laufende Rechnung möglichst auf dem Vorjahresstand zu halten, um die geplanten und notwendigen Investitionen kommender Jahre beibehalten zu können. Zweitens haben wir ein Leistungsüberprüfungsprogramm erarbeitet, das klare Prioritäten in der Umsetzung setzt und damit wirkungsvoll Einfluss auf unsere Ausgaben
nehmen wird. Und drittens musste als oberstes Ziel immer die Liquidität der Unternehmung Stadt Kloten gewährleistet bleiben.

In zwei bis drei Jahren sollen in Kloten wieder Budgetüberschüsse resultieren. Ist die Krise für die Flughafenstadt damit schon überwunden?
Diese Krise wird uns noch länger beschäftigen. Eine globale Pandemie wird grosse Auswirkungen und lange Nebenwirkungen auf unser Leben haben.
Finanzpolitisch profitieren wir bereits vom landseitigen Flughafengeschäft im Circle und dürfen bereits früher, als irgendjemand erwartet hätte, von einem ausgeglichenen Finanzhaushalt sprechen.

Dank neu angesiedelter Firmen sinkt Klotens Abhängigkeit von der Flugindustrie. Wird Kloten bald gar nicht mehr auf den Flughafen angewiesen sein punkto Steuereinnahmen?
Die Abhängigkeit vom Flughafen wird immer bleiben, so hoffe ich wenigstens. Denn dieser Teil der Stadt ist der grösste Arbeitgeber und der weitaus kräftigste Wirtschaftsmotor der Schweiz. Davon profitieren wir alle, das spüren wir an den prosperierenden Unternehmen im Circle bereits.

Die finanzielle Lage Klotens entschärft sich allmählich. Was sind die grössten Sorgen, die Sie sich als Finanzvorsteher momentan machen?
Meine Sorge gilt weniger den Finanzen als dem Verhalten der Bevölkerung in der Pandemie. Ich hoffe sehr, dass wir uns wieder mehr um unsere Mitmenschen kümmern und dabei, trotz aller Meinungsverschiedenheiten, einen guten Umgang finden. In diesem Sinnwünsche ich allen, wirklich allen ein möglichst gesundes und friedliches neues Jahr.

Zurück