Fehlt jeglicher Funken Solidarität?
Meine Antwort ist; „Nein!“ Wenn wir uns darum bemühen. Wir tragen mit unserer persönlichen Haltung und gemeinsamen Werten ganz wesentlich dazu bei.
So ein exemplarischer Tag der Verbundenheit ist der 1. August. Ein nationaler Feiertag. Ich muss nicht nach Lenzburg zur Arbeit fahren. Muss mich nicht durch den Gubrist quälen und über die anderen Verkehrsteilnehmer ärgern. Es findet auch keine Stadtratssitzung statt. Viele haben Frei oder sind in den Ferien. Am Montag vor diesem Feiertag, ich fahre durch eben diesen Gubrist, fast ohne Verkehr - wie schön und höre gerade im Radio von Gemeinden die keine Bundesfeier mehr organisieren wollen – oder können. Es fehle ihnen an Geld und Helfern. Viele seien ohnehin in den Ferien - denn wie immer findet der 1. August mitten in den Sommerferien statt… Ich denke mir wie schade, dass kann doch nicht sein.
Am Abend lese ich in einer Zeitung von einer Umfrage: «Wie verbringen Sie den 1. August?» Erstaunliches bringt diese zu Tage. Denn tatsächlich verbringen über die Hälfte der Befragten den Nationalfeiertag mit Freunden und Familie. Das ist doch toll! Und weitere 20% brunchen auf einem Bauernhof, besuchen einen öffentlichen Anlass mit Reden oder ein 1. August Feuer. Das lässt mich wieder hoffen und stimmt mich positiv.
Wir sind noch nicht in den Ferien. So verbringe ich den Nationalfeiertag an den verschiedenen Festivitäten in der Stadt. Das Festzelt auf dem neuen Stadtplatz in Kloten ist gut gefüllt. Die Stimmung angeregt und erwartungsvoll zugleich. Ein «Grüezi wie gahts» da und ein «schön dich z’gseh» dort. Man kennt und schätzt sich. Ein Japanisches Touristenpaar filmt die Szenerie und schaukelt zur Musik. Ganz offensichtlich freuen auch sie sich an unserem Brauch und fühlen sich wohl unter uns. Das 1. August OK und seine Helferinnen und Helfer haben ganze Arbeit geleistet. Ein Bündner aus seiner Heimat Surselva nach Kloten ausgezogen, vor Jahren schon, wird die 1. August Rede an uns richten. Der Gemeinderatspräsident. Er stellt Vergleiche zwischen seiner kleinen Bündner Gemeinde Surselva und der grossen Flughafenstadt her. Wir merken bald wie gut es uns hier geht. Die Bevölkerung wächst und mit ihr das Einkommen der Stadt, ein grosser Solidaritätsbeweis. Den die notwendigen Infrastrukturen können saniert oder neu gebaut werden. Die Zeichen stehen momentan auf Investition.
Auch das Pflegeheim Im Spitz lädt zu einem gemütlichen Nachmittag ein. Eine Fahnenschwingerin und ein altbekannter Musiker sorgen für gute Stimmung unter den zahlreich anwesenden Bewohnerinnen und Bewohner und ihren Gästen. Der Pflegeheimleiter spricht ausnahmsweise politisch geprägt zu uns. Mit seinen Worten appelliert er an mehr Solidarität und Toleranz. Ich nehme es mir wirklich zu Herzen. Die Vizepräsidentin des Gemeinderates hält die traditionelle Festrede. Natürlich politisch und mit tiefem Einblick in die kommende AHV-Revisionsabstimmung. Auch da wäre dann Unterstützung grossgeschrieben.
Am Abend dann, in Egetswil, feiere auch ich mit der Familie gemeinsam mit Freunden und Nachbarn. Aber nicht nur. Zum Spanferkel Essen und Höhenfeuer scheint sich der ganze Weiler versammelt zu haben. Mit Kind und Kegel – sozusagen. Die Solidarität, der Zusammenhalt wird auch hier grosszügig gelebt – «mä spührts». Ein Alt-Bundesrat würde spontan ausrufen: «Freude herrscht!“
Mark Wisskirchen, 1963, Familien- und Grossvater, Stadt- und Kantonsrat
Parkett im Klotener Anzeiger vom Donnerstag, 10 August 2017