Handeln statt einander verurteilen
Das Klima und Greta sind in aller Munde. Die junge, kühne Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, polarisiert. Entweder, man zollt ihr Anerkennung für ihren Mut und ihren eindrücklichen Lebensweg oder man findet, es sei heuchlerisch und niemand dürfe etwas am Klima aussetzen, wenn man nicht selber perfekt leben würde.
Ganz ähnlich klang es, nachdem 13 Personen des Klotener Gemeinderates das Postulat von Philip Graf unterzeichneten. Es geht darum, dass die Stadt Kloten analog zu anderen Städten wie Basel, London oder Vancouver den Klimanotstand ausrufen soll, da dringender Handlungsbedarf besteht. Sogar aus den eigenen Reihen erklangen Stimmen wie: „Das kann man doch nicht ernst nehmen; jeder, der da unterschreibt, dürfte nicht fliegen, kein Smartphone haben etc.“. Leider geht das am Punkt vorbei. Ja, es braucht eigenen Verzicht und eine Änderung des Lebensstils von uns allen. Es braucht aber auch klare Zeichen der Politik, Strategien und Massnahmen, die über persönliche Konsumentscheide hinausgehen.
Man darf nie vergessen: Jeder Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung und soll als solcher anerkannt werden. Ob nun saisonal und lokal einkaufen (oder gar unverpackt), ob weniger fliegen, mehr Velofahren und zu Fuss gehen, bewusster Dinge anschaffen, weniger tierische Produkte konsumieren...niemand von uns kann ein perfektes oder klimaneutrales Leben führen. Einander zu verurteilen bringt uns nicht weiter. Wir sollten uns über alle positiven Veränderungen bei einander freuen, anstatt das Haar in der Suppe zu suchen.
Etwas zur Aufklärung beitragen möchte ich gerne an dieser Stelle dennoch, da teils falsche Vorstellungen herrschen. Gemäss der Agrarorganisation der UNO verursacht die Nutztierhaltung mehr Treibhausgase als der globale Verkehr – also alle Autos, LKWs, Schiffe und Flugzeuge zusammen. Dies liegt einerseits daran, dass Nutztiere enorme Mengen an Futtermitteln verschlingen. Jedes Jahr werden für den Sojaanbau in Brasilien gigantische Flächen Regenwald gerodet. Horrende 75% der Ernte werden anschliessend zu Tierfutter verarbeitet. So importiert die Schweiz jedes Jahr über 300 000 Tonnen Soja als Futtermittel für Hühner, Schweine und Kühe. Ausserdem wird in den Mägen von Wiederkäuern Methan produziert, das 23-mal so klimawirksam ist wie CO2. Somit hat nicht nur Fleisch eine schlechte Klimabilanz, sondern auch Käse, Butter und Eier. Für eine Person in der Schweiz macht die Ernährung den zweitgrössten Posten bei der Umweltbelastung aus, die Mobilität kommt erst an vierter Stelle.
Bevor man sich also über den Lebensstil anderer Menschen echauffiert sollte man vielleicht – wortwörtlich – über den eigenen Tellerrand hinausschauen oder in den eigenen Teller hineinschauen...Wenn sich jemand trotz dieser knallharten Fakten als Umweltschützer bezeichnet, jedoch weiterhin Fleisch isst, dafür aber beispielsweise aufs Fliegen verzichtet – mir soll es recht sein. Ebenso, wie ich mich aus ethischen und ökologischen Gründen hauptsächlich pflanzlich ernähre, möglichst wenig mit dem Auto fahre, aber dennoch ein Mal pro Jahr fliege...es zählt jeder Verzicht, egal in welchem Bereich. In diesem Sinne: Danke, wenn Sie sich bemühen, Ihren CO2-Abdruck zu verkleinern – so wie es innerhalb Ihrer Lebensumstände möglich ist. Gemeinsam können wir einen Unterschied bewirken.
(Artikel Anzeiger der Stadt Kloten. Rubrik „Aus dem Gemeinderat, vom 9. Mai 2019)